Es waren gerade Ferien - die Zeit der Erholung und Familienbesuche.
Ich fuhr mit meiner Familie aufs Land, in das Dorf, in dem ich geboren
worden bin. Ich besuchte dort meinen Taufpaten.
Seine Frau, die Schwester meines Vaters, der bereits vor 13 Jahren verstorben
ist, ist die einzige noch lebende Person aus diesem Familienzweig. Sie
ist 82 Jahre alt und bereits seit 3 Jahren aufgrund einer Krankheit ans
Bett gefesselt. Ihr Mann kümmert sich die ganze Zeit um sie. Dies hat
mich dermaßen beeindruckt, dass ich beschlossen habe, darüber zu schreiben.
Mein Onkel ist 88 Jahre alt, noch rüstig, sportlich und sehr gut aufgelegt.
Er hat ein tolles Gedächtnis und kann sehr spannend erzählen. Und zu erzählen
gibt es eine ganze Menge, denn er hat die beiden Weltkriege miterlebt
und war auch inhaftiert gewesen. Er erzählte, dass er in den schwierigsten
Augenblicken immer gebetet hat. Ein Medaillon, welches er als kleines
Kind von seiner Mutter erhalten hat, bewahrt er wie eine Reliquie auf.
Er meint, dass das Gebet wie ein Erheben zu Gott sei, dem man alle seine
Bitten und seine ganze Dankbarkeit dar bringt. Mein Onkel betet zusammen
mit meiner Tante, für die das gemeinsame Rosenkranzbeten und die Litaneien
eine sehr gute Gedächtnisübung darstellen.
Es ist furchtbar, aber meine
Tante beginnt, ihr Gedächtnis zu verlieren und dahinzuwelken. Doch nicht
für meinen Onkel. Aufopferungsvoll wäscht er sie, wechselt ihr die Windeln,
zieht sie an, füttert sie. Er ist niemals ungeduldig. Die beiden sind
seit 60 Jahren zusammen und mein Onkel liebt meine Tante immer noch genauso
wie am ersten Tag. Ich beobachte die beiden und stelle fest, dass das
Ehesakrament eine Gabe ist, zugleich aber auch eine Verpflichtung darstellt,
sich stetig um das Wohlergehen des Ehegatten zu sorgen. Ich beneide meine
Tante und wünsche mir, dass ich auch einmal so geliebt werde. In der heutigen
oberflächlichen Welt ist so ein Onkel ein wahrer Schatz. Ich wünsche ihm
noch viel Gesundheit und bin sehr stolz auf ihn.