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Rentabilitätsberechnung im Dolmetscherberuf
Click here to view English version Im vorliegenden Artikel wird der Versuch unternommen, das vorhandene Zahlenmaterial sowie dessen Anwendung in einer Form darzustellen, die es auch dem betriebswirtschaftlich nicht vorgebildeten Dolmetscher erlaubt, dieses zur Vorbereitung von Berufsentscheidungen unverzichtbare Instrumentarium als Daumenregel zu nutzen. Dass dieser Artikel auf die Rentabilitätsberechnung im Dolmetscherberuf zugeschnitten ist, bedeutet keinesfalls, dass er damit als Anleitung zur Entscheidungsfindung in anderen Berufen nicht genutzt werden könnte. Die nachfolgend beschriebenen Zahlen, Verfahren und Schlussfolgerungen sind vielmehr für jede Art von freiberuflichen Vorhaben anwendbar, wobei lediglich eine am Einzelfall orientierte Modifizierung des Zahlenmaterials erforderlich sein mag. Ungeachtet der wirtschaftlichen Vorkenntnisse wird praxisorientiertes Wissens über die Notwendigkeit der perspektivischen Investitionsrechnung, ihre Verfahren und ihre Anwendungsbedingungen und Grenzen, zur Verfügung gestellt, werden Überlegungen zur Erleichterung der Entscheidungsfindung angestellt. VoraussetzungenBefähigungIn der Regel abgeschlossenes Universitätsstudium oder ähnliches (nicht selten mehrere Abschlüsse). Stunden ProduktivzeitUm mit anderen Berufen vergleichbare Zahlen zu erzielen, ist es notwendig, die übliche Dolmetscherberechnung in Tagessätzen auf Stunden zu reduzieren. Hierbei ist besonders zu beachten, dass dieser so errechnete Stundensatz virtuell ist. Kein professioneller Dolmetscher wird im Normalfall einer ausschließlichen Abrechnung nach Stunden zustimmen. In einer Stunde Produktivzeit verdient Tom Cruise ca. 15,34 Mio. Euro, Bill Gates ca. 1,28 Mio. Euro, der Chefarzt eines Krankenhauses ca.2.046 Euro, der Zahnarzt ca. 512 Euro, der Architekt ca. 103 Euro, der Computertechniker ca. 77 Euro, der Übersetzer ca. 67 Euro (?), der Installateur ca. 46 Euro, der Bauarbeiter ca. 16 Euro, eine Arbeiterin in China ca. 0,10 Euro. Ein Dolmetscher hingegen mind. 128 Euro, wenn ein Tagessatz von 768 Euro für 6 Stunden zugrunde gelegt wird. Bei Tom Cruise können die Dreharbeiten zu einem Film schon ein Jahr dauern, er kann aber nur ca. 90 Minuten Kinolaufzeit verkaufen. Bei Bill Gates ergeben sich etwa 2.000 Stunden verkaufbarer Produktivzeit pro Jahr. Zahlenmaterial teilweise nach P. Oehmig (»Was darf es denn Kosten?«, in: technische kommunikation 3/00, ISSN 1436-1809, Seiten 15-18). Jahresgehalt und StundenzahlDas Jahresgehalt eines Angestellten liegt im Bereich von 27.610 bis 61.356 Euro bei einer Arbeitszeit von 1.650 bis 1.900 Stunden pro Jahr. Ein Dolmetscher sollte sich nicht schlechter stellen. Daher kann man als Mindestgröße 51.130 Euro pro Jahr ansetzen (der Dolmetscher muss seine Sozialversicherungsbeiträge usw. selbst tragen und braucht dafür etwas mehr Geld) neben Aufwand für auftragsbezogene Nebenkosten und für Allgemeinkosten (frei nach Peter Oehmig, op. cit.). Nach der Anlaufszeit sollte der Freiberufler mit 2.000 Stunden pro Jahr hinkommen, sonst geht dies zu Lasten der Familie und Gesundheit. Eine Bruttoarbeitszeit von 2.000 Stunden pro Jahr enthält die Zeit für die Auftragsbeschaffung, Weiterbildung, Verwaltungsarbeiten und Arbeitsplatzpflege. Der Freiberufler sollte diese Zeit nach P. Oehmig (op. cit.) wie folgt aufteilen:
51.130 Euro verteilt auf 1.000 Stunden Produktion ergeben 51,13 Euro je Produktivstunde. Höhe der zu verkaufenden JahresleistungDer monetäre Rahmen für den Dolmetscher ist nach dieser Vorgabe wie folgt:
Um die Vorgabe von 51.130,00 Euro pro Jahr zu erreichen, muss der Dolmetscher 67 Tage zu einem Satz von 768,00 Euro je Tag verkaufen. Bei einem vollständigen Verkauf seiner verfügbaren Stundenzahl verdient der Dolmetscher max. 128.256,00 Euro ceteris paribus. Zusätzlich zum Tagessatz kommen jeweils Nebenkosten und ges. USt. Die Kalkulation ändert sich, wenn der Dolmetscher die Vorbereitungszeit nicht in Rechnung stellen darf. SchlussbetrachtungInsbesondere Novizen wird dringend empfohlen, nicht vom ausgerechneten Wert abzuweichen, denn Preiserhöhungen sind nach der Abwicklung des ersten Auftrags beim betreffenden Kunden kaum durchzusetzen, d.h. um sein Soll zu erfüllen, muss der Dolmetscher mehr Stunden arbeiten und akquirieren, womit er sich über kurz oder lang von Familienleben und Gesundheit verabschieden kann. Erfreulicherweise sind wir Dolmetscher in unserer Preisgestaltungspolitik mehrheitlich sehr diszipliniert: Wer bereits mind. 60% direkte Kundschaft bedient, wird nicht ohne Weiteres auf die bekannte Argumentation mancher Agenturen eingehen (»Bitte nennen Sie Ihre sonst üblichen niedrigsten Preise als Auftragnehmer einer Agentur möglichst in Euro.« »Nennen Sie bitte nicht die hohen Verkaufspreise für Endkunden, sondern die Einkaufspreise für Agenturen. Wir zahlen Ihnen den vereinbarten Preis ohne Abzug.«) und seine Preise mit seinen Zugeständnissen selbst kaputtmachen. Wenn überhaupt Sonderkonditionen eingeräumt werden, besteht der Dolmetscher auf einem garantierten Mindestumsatz im Jahr. Ein Mittelwert von 120 verkauften Tagessätzen bringt mind. 92.160 Euro im Jahr, hält den Dolmetscher in Übung und gilt als erstrebenswert. Das nicht aufs Dolmetschen bezogene Zahlenmaterial stammt teilweise von Peter Oehmig (op. cit.) und entspricht in vorliegender Form meinen Ergebnissen. Stundensätze von 30,90 bis 61,50 Euro, wie sie von manchen Kreisen angeboten werden, werden von keinem professionell arbeitenden Dolmetscher akzeptiert und fanden hier keine Berücksichtigung. Um einschätzen zu können, welcher wirtschaftliche Schaden mit der Annahme dieser Sätze verbunden ist, finden Sie nachstehend die Höhe der erzielten Mindesteinnahmen: 400 Stunden à 30,90 Euro ergeben 12.360 Euro. Ob bei diesen Kunden 400 Stunden/67 Tage pro Jahr anfallen, sei dahingestellt. Denn der Kapitalwert der zu diesem Preis verkauften Leistung reagiert so sensibel auf Veränderungen der die laufenden Einnahmen und Ausgaben determinierenden Faktoren und der Erwartungswert liegt so dicht bei den kritischen Werten der Pleite, dass er nur von Fachfremden ernsthaft verfolgt wird. Die zukünftige Marktentwicklung auf diesem Sektor muss mit großer Sorge betrachtet werden. Dumping bei den Dolmetschern und Geiz bei den Firmen ist eine schlechte Mischung, die in der Privatwirtschaft viel Unheil anrichtet. Die Kosten für eine professionell aufgemachte Pressekonferenz sind vernachlässigbar im Vergleich zum Imageschaden bei einer stümperhaft durchgeführten Pressekonferenz auf internationaler Bühne. Noch abenteuerlicher wird es, wenn der (Chef-)Dolmetscher eine seiner Arbeitssprachen nicht richtig spricht (so geschehen bei einem Besuch des US- Präsidenten in Polen). Der Vollständigkeit halber sei angeführt, dass einige Dolmetscher Tagessätze von 2.557 Euro und mehr bei entsprechender Spezialisierung erzielen. Es erscheint mir wichtig abschließend darauf hinzuweisen, dass diese Darstellung des Instrumentariums zur Beurteilung von Berufsentscheidungen unter betriebswirtschaftlichen Aspekten lediglich einen ersten, wenn auch sehr wichtigen Baustein zu einer umfassenden Bewertung von Berufsprofilen in unserem freiberuflichen Fachbereich liefern kann. .-L. R. Cerna-. Republished
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